Menschen der Geschichte

Thor Heyerdahl

Thor Heyerdahl – norwegischer Archäologe, Anthropologe, Ethnologe, Umweltaktivist, Wissenschaftler der experimentellen Archäologie und bekanntester Vertreter des modernen Diffusionismus.

Er wurde am 06. Oktober 1914 in Larvik in Norwegen geboren und verstarb am 18. April in Colla Micheri, in Andora Italien.

Seine Herkunft

Die Eltern von Heyerdahl waren bei seiner Geburt schon etwas älter. Er war der einzige Nachkomme und wuchs entsprechend behütet auf. Als Kind wurde der Sohn eines Brauereibetreibers wohl sehr verhätschelt, hatte aber auch große Freiheiten.

Schon als Kind baute er sich in einem renovierten Raum auf dem Brauereigelände sein „Zoologisches Museum“ auf, in dem er seine gesammelten Käfer, Insekten, Kleintiere und Vogeleier „präsentierte“.
Nachdem er als Kind fast zweimal ertrunken wäre, hatte Heyerdahl wahnsinnige Angst vorm Wasser. Daher weigerte er sich mit aller Macht, schwimmen zu lernen. Das änderte sich erst, als er 1937 auf Tahiti in einen reißenden Fluss stürzte und dabei um sein Leben kämpfen musste.

Heyerdahl war schon als Kind und Jugendlicher eng mit der Natur verbunden. Bereits in dieser Zeit entstand sein Wunsch, einige Zeit in Abgelegenheit und nur im Einklang mit der Natur zu leben.

Sein Studium

Sein Studium der Zoologie und der Geographie begann er 1933 an der Uni in Oslo. Er war ein unglaublich belesener Student mit einem überdurchschnittlichen Allgemeinwissen.

Am Weihnachtsabend des Jahres 1936 heiratete Heyerdahl seine erste Frau Coucheron Torp. Gleich am nächsten Tag brach das Paar in Richtung Tahiti auf. Diese Reise war Hochzeitsreise und Vorbereitung auf das Staatsexamen über die Herkunft der Fauna auf Tahiti zugleich.

Nach der Rückkehr des Paares im Frühjahr 1938 wurde im September des gleichen Jahres sein Sohn Thor jun. geboren.

Seine Expeditionen

Fatu Hiva

Hier und auf der Nachbarinsel Hiva Oa verwirklichte Heyerdahl zusammen mit seiner ersten Frau den Traum seiner Kindheit. Ein Leben jenseits der Zivilisation und ohne jegliche technische Hilfsmittel.
Die acht Monate die sie auf den Inseln verbrachten hätten ihnen jedoch fast das Leben gekostet. Denn ein Leben ohne Zivilisation bedeutete auch ein Leben ohne Medikamente. Und so musste sich das Paar in dieser Zeit, entgegen ihrem eigentlichen Vorhaben, in medizinische Behandlung begeben.

Auf Fatu Hiva standen für Heyerdahl aber auch zoologische Untersuchungen im Mittelpunkt. Zudem gilt diese Insel als Wendepunkt in seinem Leben. Ab da widmete er sich der Ethnologie und der Archäologie und befasste sich intensiv mit der Besiedelung von Polynesien.

Bella Coola

Zur Vollendung seines englischsprachigem Manuskripts über die Besiedelung Polynesiens reiste Heyerdahl an die Nordwestküste Kanadas.
Er erklärte die bis dahin vorherrschenden Meinungen über die Besiedelung der Südsee für irrelevant und stellte eine völlig neue These auf, die er umfangreich begründete.
Bei seinen glaubhaften Begründungen standen Meeresströmungen und Passatwinde im Vordergrund.

Zuerst studierte Heyerdahl in Vancouver Material aus ethnografischen und archäologischen Sammlungen, dass es in Norwegen nicht gab und ließ sich später in Bella Coola nieder, um seine Forschungen dort zu beenden.

Die Reise dauerte von 1939 bis 1940.

Kon-Tiki – 1947

Mit dieser Expedition wurde Heyerdahl weltweit bekannt. Durch sie bewies Heyerdahl eindrucksvoll, dass eine Besiedelung Polynesien durch präkolumbische Indianer Südamerikas technisch möglich war.
Für Heyerdahl stand fest, dass eine Besiedelung der Südsee von Asien aus zwar nicht unmöglich, jedoch um einiges schwieriger war.

Um den Beweis für seine These zu erbringen reiste Heyerdahl mit seinem Team nach Peru. Dort bauten sie aus Bals-Holz ein Floß – nur mit den Mitteln, die wohl auch den Ureinwohnern zur Verfügung standen.
Ganz verzichtet wurde auf moderne Ausrüstung jedoch nicht. Uns so kamen eine Funkanlage, ein Schlauchboot, Überlebensausrüstung, Navigationsmittel und eine Filmkamera mit an Bord. Der Dokumentarfilm über diese Expedition wurde mit einem Oscar ausgezeichnet.

Galàpagos – 1952 – 1953

Seine nächste Expedition führte Heyerdahl auf die Inseln von Galápagos.
Hier fanden Heyerdahl und sein Begleiter Arne Skjolsvold bei Ausgrabungen ca. 2000 Keramikscherben aus verschiedenen Epochen der Kultur und aus verschiedenen Gegenden. Die ältesten Scherben entstammten der Mochica-Kultur – 300 – 800 nach Christus und der Tiahuanaco-Kultur 540 – 900 nach Christus.

Peru, Bolivien und Kolumbien

Hier führte Heyerdahl 1954 verschiedene Feldstudien ausgehend von vor-inkaischen Ruinenstädten in Peru, weiter über Bolivien bis hin nach Kolumbien durch.

Osterinsel - 1955 – 1956 und 1986-1988


Als Heyerdahl die Osterinsel das erste Mal besuchte, wurde heirfür ein Grönlandtrawler inklusive Mannschaft für ein ganzes Jahr gechartert.
Ziel dieser Expedition war zu beweisen, wie das Volk der Osterinsel auf diese gekommen war und vor allem woher.
Für Heyerdahl stand fest, dass es auch eine Einwanderungswelle aus  Südamerika gegeben haben muss. Dem wollte er nachgehen um seine Thesen mit Fakten zu unterstützen.

Des weiteren führte Heyerdahl auf der Osterinsel Experimente mit den Moai – den Steinfiguren der Osterinsel – durch.
Als Heyerdahl auf der Insel ankam, waren die Moai teilweise umgestürzt, unter Ablagerungen vergraben oder unvollendet.
Heyerdahl ließ einige der vollendeten Steinfiguren wieder aufrichten, viele der Ablagerungen beseitigen und eine Gruppe von Insulanern an den unvollendeten Figuren arbeiten.

Pitcairn, Raivavae, Hiva Oa und Nuku Hiva – 1956

Diese Inseln besuchte Heyerdahl auf seinem Rückweg von der Osterinsel 1956. Auf Pitcairn findet man noch Reste früherer Monumentalstatuen, auf den anderen drei Inseln existieren diese noch.

Maladiven – 1982, 1983 und 1984

Gleich drei Mal besuchte Hayerdahl die Malediven. Hier ging es ihm darum archäologisch nachzuweisen, was und wer die Bewohner dieser Inseln waren, bevor diese islamisiert wurden. Und vor allem auch hier wieder die große Frage, von wo aus wurden diese Inseln besiedelt und wann.
Sein Begleiter auch auf dieser Expedition – Arne Skjölsvold.

Tucumé – Peru 1988 – 1993

Hier hat Heyerdahl insgesamt 26 Pyramiden der Vor-Inka-Hochkulturen ausgraben lassen.
Es ist heute die größte Pyramiden-Ansammlung Südamerikas.

Güimar – Teneriffa 1990 – 1998

siehe unten

Neben den genannten Expeditionen führte Heyerdahl noch weiter durch. So unter anderem nach Pietraperzia auf Sizilien, nach Asow in Russland, nach Gobustan in Aserbaidschan.

Des Weiteren versuchte Heyerdahl immer wieder aufs Neue mit dem Nachbau alter Schiffe – so unter anderem mit dem Bau der Ra, der Ra II und der Tigris – und den Fahrten die er mit diesen Schiffen durchführte, die Besiedelung einzelner Inseln zu beweisen.
Ein Nachbau der Ra II ist noch heute im Pyramidenpark von Güimar uf Teneriffa zu bestaunen.

Kritik an Thor Heyerdahl

Trotz seiner vielen Expeditionen, Ausgrabungen und Feldstudien ist es Heyerdahl erst in späten Jahren gelungen, als Wissenschaftler anerkannt zu werden.
Die Gründe hierfür sind vielfältig.

Es ist vielleicht der Starrsinn, mit denen Thor Heyerdahl immer wieder aufs Neue seine Thesen verteidigte. Dabei vermied er es konsequent auf objektive Gegenargumente einzugehen. Somit begab sich Heyerdahl immer wieder auf das Niveau der von ihm ständig kritisierten Gegner.
Sein Verhalten ließ oft auch befreundeten Wissenschaftlern kaum Möglichkeiten ihm den Rücken zu stärken.

Unumstritten ist bis heute, dass Heyerdahl seine Ziele und seine Ideen über alles stellte. Dafür opferte er sein Privatleben – zwei gescheiterte Ehen und eine weitere gescheiterte Beziehung.

Thor Heyerdahl wurde mit vielen Auszeichnungen geehrt. Dies nicht nur in seinem Heimatland oder Europa, nein er wurde auf der ganzen Welt mehrfach ausgezeichnet. Bis heute wird er für sein Umweltbewusstsein und seinen Kampf für die Natur und die Umwelt bewundert.

Thor Heyerdahl auf Teneriffa


Neben seinen vielen Expeditionen, die Thor Heyerdahl durch die ganze Welt geführt haben, hat er auch der Insel Teneriffa ein großes und großartiges Erbe hinterlassen - die Pyramiden von Güimar.

Thor Heyerdahl verbrachte die letzten Jahre seines Lebens auf der Insel Teneriffa und lernte hier auch seine letzte Ehefrau kennen.

Das diese Pyramiden überhaupt wiederentdeckt und erforscht wurden, war das Werk von Thor Heyerdahl.
Heyerdahl war von einem Zweifler an seiner wissenschaftlichen Lehrmeinung auf die Ruinen aufmerksam gemacht worden. Er besuchte sie das erste Mal während seines Urlaubs auf der Insel Teneriffa im Jahr 1990.

Nur durch sein Engagement und die von ihm erbrachten Evidenzen kam die archäologische Erforschung der Pyramiden erst ins Rollen.

Er war der erste Wissenschaftler, der die Bedeutung der Pyramiden von Chacona in Güimar erkannte.
Was im ersten Augenblick schien wie ein großer Steinhaufen wurde durch Heyerdahl einer genauen Studie unterzogen.
Unterstützt wurde er hierbei von der norwegischen Reederei Fred Olsen, dessen Gründer ein Jugendfreund von Heyerdahl war. Um das archäologische Projekt durchführen zu können, wurde 1992 die Stiftung FERCO (Foundation for Exploration and Research on Cultural Origins) gegründet, deren Vorsitzender zunächst Heyerdahl war.

Mit 80 Jahren begann Heyerdahl im Jahr 1994 die Pyramiden freizulegen. Die Vorarbeit hierfür wurde von Harald Braem geleistet.

Heyerdahl begann mit der Planung eines Museums rund um die Pyramiden – dieses wurde 1997 eröffnet.

Die Ausgrabungen wurden 1998 beendet. Anschließend wurde das 65.000 Quadratmeter große Areal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Der „Parque Etnográfico Pirámides de Güímar“ zieht jedes Jahr ein große Schar von Besuchern an.
Ein Informationszentrum informiert seither die Besucher über Heyerdahls Forschungsreisen und seine Hypothesen. Zwei Pavillons zeigen Ausstellungen über Heyerdahl und Modelle seiner Fahrzeuge, unter anderem einen 1:1 Nachbau der Ra II.

Bis heute werden die Grabungsergebnisse zwiespältig gesehen.
Die Universität von La Laguna konnte einerseits die Entstehungszeit eindeutig in das 19. Jahrhundert datieren, andererseits gibt es bis heute viele Meinungen, die der Universität widersprechen. Für Viele sind die Pyramiden ein Relikt aus der Zeit der Guachen.  So auch für Thor Heyderdahl. Trotz der vorgelegten eindeutigen Grabungsergebnisse durch die Uni von La Laguna scheint Heyerdahl „eine mögliche Beziehung zwischen der Existenz der Pyramiden und den vorspanischen Zivilisationen von Teneriffa“ nie vollkommen ausgeschlossen zu haben.

Sicher ist bis heute, dass Thor Heyerdahl der Überzeugung war, dass es sich bei den Pyramiden tatsächlich um religiöse Bauten aus der vorspanischen Zeit handelt und nicht um willkürlich angeordnete Steinhaufen. „In einer vulkanischen Höhle von circa 8 Metern Länge und bis zu 3 Metern Breite unter der Hauptpyramide wurden Keramikstücke, Splitter von Tierknochen sowie Reste von Obsidian gefunden, was darauf hindeutet, dass Guanchen in der Höhle gelebt haben können“, erklärte 1999 ein Archäologe des Forschungsteams von Heyerdahl.

Welche Meinung, welche Forschungsergebnisse nun die Richtigen sind, kann hier nicht gesagt werden. Sicher ist nur, dass Thor Heyderdahl mit seiner Arbeit auf Teneriffa, der Insel einen großen Dienst erwiesen hat.