Das Leben ohne Tourismus

Viehzucht auf Teneriffa

Die Tinerfenos leben mit und von der Natur – von der Landwirtschaft, der Viehzucht und von der Fischerei.

Im Verlauf der Geschichte der Insel wurde die Viehzucht zu einer Art perfekten Ergänzung zur Landwirtschaft und spielte eine ganz entscheidende Rolle für die Menschen die hier lebten und leben. Es gelang hier auf der Insel eine gegenseitige und gut miteinander harmonierende Anpassung zwischen der Umwelt und der einzelnen Viehzuchtmethoden zu finden und umzusetzen.

Die Viehhaltung hat eine lange Geschichte und Tradition auf Teneriffa. Denn bereits die Guanchen, die Ureinwohner der Insel, betrieben Wandertierhaltung. Diese Wandertierhaltung erfolgte zwischen den Küsten, die insbesondere in den Wintermonaten dank des Regens bestens grünten, und den Bergen – hier vorrangig den Canadas, die in den heißen Monaten des Sommers als Gemeinschaftsweidegrund für das Vieh dienten. Zu den Zeiten der Guanchen war es vor allem die Ziegenhaltung, die auf Teneriffa am meisten verbreitet war. Ziegen waren relativ anspruchslose Tiere, die zudem die weiten Wege von den Küsten hinauf in die Berge problemlos bewältigen konnten. Zudem konnten die Guanchen fast alles verwerten, was eine Ziege zu bieten hatte. Ob es nun die Milch war, die getrunken oder zu Käse verarbeitet wurde, oder das Fleisch, was verzehrt wurde – alles Nahrungsmittel, die den Guanchen das Überleben sicherten, ob es nun die Hörner waren, oder das Fell, oder auch die Haut, die zu Leder verarbeitet wurde – diese Teile der Ziegen konnten die Ureinwohner nutzen, um sie als Kleidung zu verwenden oder um Werkzeug daraus herzustellen.

Nach der Eroberung der Insel Teneriffa durch die Spanier kamen auch andere, neue Tierarten auf die Insel. So waren es unter anderem verschiedene Geflügelarten, Kaninchen, Rinder, Schweine und Pferde, die die Viehzucht bereicherten und erweiterten.
Die neu eingeführten Tierarten hatten für die Bewohner der Insel jede Menge Vorteile. Sie stellten nicht nur eine zusätzliche Lebensmittel-Quelle zu den landwirtschaftlichen Produkten dar, sie lieferten zudem auch noch Düngemittel für die Felder der Bauern und dienten ihnen als natürliche Hilfsmittel bei der schwierigen Bewirtschaftung der Ackerflächen.

Zur damaligen Zeit gab es ein Ackerbau- und Viehzuchtsystem, dass die einzelnen Gebiete verwaltete und zudem die Tätigkeiten des Ackerbaus und der Viehzucht sich bestens und wunderbar ergänzten.

Die Bedeutung der Viehzucht im Rahmen der traditionellen Landwirtschaft auf Teneriffa stieg enorm an, als die Bauern und Landwirte damit begannen, die Tiere, (insbesondere Hühner, Schweine, Rinder, Kaninchen …. usw.) in Ställen zu halten und aufzuziehen.

Damit begann eine völlig neue Ära in Hinblick auf die Viehzucht. Es wurde damit begonnen die fruchtbaren Weideflächen in der Nähe der Dörfer zu nutzen. Zudem lernten die Menschen sehr schnell, die durch die Viehhaltung entstandenen Produkte als Lebensmittel zu schätzen.
Nur im Rahmen der Ziegenzucht entschied man sich, die überlieferten Praktiken der Guanchen beizubehalten. Und so zogen die Ziegenhirte in den Sommermonaten weiterhin in die hohen Lagen der Bergmassive des Teno- und des Anaga-Gebirges, wo auf die Tiere das saftige Grün der üppigen Weiden und erträgliche Temperaturen warteten.

Bis in die heutige Zeit hat sich die Wanderviehzucht in Hinblick auf die Ziegen ihren Platz erhalten – wenn auch nicht mehr so umfangreich und ausgeweitet wie in früheren Jahren. Aber noch immer trifft man Hirten, die mit ihren Herden durch die Dörfer und über die Felder und Weiden ziehen – immer auf der Suche nach ausreichend Nahrung für die Tiere.

Auf Teneriffa leben weit über zwei Millionen Nutztiere. Den größten Anteil davon bildet das Geflügel, dessen Bestand über 90% der auf der Insel registrierten Tiere einnimmt. Dann kommen die Ziegen, die Kaninchen, die Schweine und die Schafe. Den geringsten Bestand macht die Rinderhaltung aus. Nicht vergessen sollte man an dieser Stelle auch die mehr als 500 Imker, von denen jeder Einzelne zwischen acht und zehntausend Bienenstöcke züchtet.

Und obwohl die Anzahl der Ziegen weit hinter der des Geflügels zurück liegt, so besitzt die Zucht dieser Tiere auf der Insel Teneriffa doch einen sehr hohen Stellenwert. Dabei ist nicht nur der wirtschaftliche Stellenwert gemeint, sondern vor allem auch der gesellschaftliche und der nicht außer Acht zu lassende territoriale Stellenwert.

Es hat eine sehr lange Zeit gedauert. Doch heute können die Viehzüchter mit Recht und mit Stolz sagen, dass die Viehzuchtproduktion ein sehr hohes wirtschaftliches Gewicht besitzt. Dank der traditionellen Bedeutung, der Vielfältigkeit, der hohen Qualität der Viehzuchtproduktion, des enormen Wertes der einzelnen Produkte und durch die immer wieder neu geschaffenen direkten und indirekten Arbeitsplätze stellt dieser landwirtschaftliche Zweig einen überaus wichtigen ökonomischen und sozialen Faktor auf Teneriffa dar.

Die Viehzucht auf Teneriffa befindet sich seit geraumer Zeit in einer Art Umstrukturierungs-, oder auch Modernisierungsprozess.

Die sich ständig ändernden Marktanforderungen, wie zum Beispiel: Stallhaltung, Modernisierung, Qualitätskontrolle, Aufmachung und Vertrieb der Produkte und vieles mehr brachten die Landwirte, Bauern und Menschen auf die Idee etwas Neues auszuprobieren. Um den weitreichenden Anforderungen gerecht zu werden, ist man auf Teneriffa immer wieder neue Wege gegangen.
Beispielsweise wurden Fachleute aus anderen Ländern zu Rate gezogen um deren Können und Wissen in den neuen Entwicklungsprozess mit einfließen zu lassen.

So gab es in Santa Ursula, im Norden der Insel, mehr als 20 Jahre eine deutsche Frau aus Brandenburg, die erst eine Bio-Granja (Viehbetrieb) dann beide Granjas für Rinderzucht des Ortes geleitet hat. Sie galt als einer der Vorreiterinnen. Denn sie war nicht nur eine der ersten Deutschen, sondern auch die erste Frau, die auf der Insel und wohl auch auf dem gesamten Kanarischen Archipel einen solchen Posten inne hatte. Ihr umfangreiches Wissen, dass sie aus deutschen Viehzuchtbetrieben mitbrachte, ihre Flexibilität, ihre Einsatzbereitschaft und ihre grandiose Kompetenz sicherten ihr eine unglaubliche Akzeptanz auf der ganzen Insel. Beachtenswert und Vordergründig dabei war auch, dass die Mitarbeiter das neu Vermittelte mit in andere Granjas auf der Insel nahmen und dieses auch erfolgreich umsetzten. So kamen deutsche Arbeitsweisen, Sichtweisen und Praktiken in Hinblick auf die Rinderzucht in die Ställe der Insel.

Der Einsatz ausländischer Fachkräfte war einer der neuen Wege, die man im Hinblick auf den Modernisierungsprozess auf Teneriffa einschlug. Aber es war bei Weitem nicht der Einzige. Es wurden zudem unterschiedliche Initiativen entwickelt, die dem Ziel dienten, den Bereich der Viehzuchtbranche zu erhalten, zu würdigen und in großem Umfang zu fördern. Hierzu zählt unter anderem das Befruchtungszentrum „Cunícola“ von El Rosario, die „Casa de la Miel“, die Finca „El Helecho“ - eine Art Land- und Viehwirtschaft im Klassenzimmer - in Arico, die „Casa del Ganadero“ in San Cristóbal de La Laguna oder auch die Fundación Tenerife Rural.

Auf Teneriffa wird auch weiterhin alles daran gesetzt, um die Viehzucht und die daraus entstehenden Produkte – wie zum Beispiel Milch, Fleisch, Käse, Joghurt, Eier, Honig …. usw. - wertzuschätzen, zu vermarkten und die lange Kultur und Tradition der Viehzucht auf der Insel mit Stolz in Ehren zu halten.